„Keinesfalls eine Vorbildfunktion“ – Ministerium lehnt Haftbefehl im Lehrplan ab

Hessisches Ministerium lehnt Vorschlag des Stadtschülerrats ab

Der Stadtschülerrat Offenbach hat gefordert, das Leben und Wirken von Haftbefehl als Pflichtstoff in den Unterricht aufzunehmen. Ziel der Initiative ist es, Lebensrealitäten von Jugendlichen sichtbarer zu machen und aktuelle Themen aus Popkultur, Migration und sozialem Umfeld im Klassenzimmer fachlich einzuordnen. Das hessische Kultusministerium hat den Vorschlag jetzt zurückgewiesen, wie der Deutschlandfunk berichtet.

Wie unter anderem berichtet wurde, erklärt das CDU-geführte Ministerium, Haftbefehl passe mit Musik und öffentlichem Auftreten nicht zum Bildungs- und Erziehungsauftrag. Als Begründung werden inhaltliche Aspekte seiner Texte angeführt. Besonders hebt die Behörde die unzureichende Vorbildfunktion des Rappers hervor und formuliert hierzu: „Er sei keinesfalls geeignet, eine Vorbildfunktion für Heranwachsende zu erfüllen.“

Weiter heißt es, Haftbefehls Positionen seien problematisch. Genannt werden „politisch fragwürdige Positionen“ sowie Neigungen, die Kriminalität, die Glorifizierung von Rauschmitteln oder Gewaltphantasien betreffen. Zudem erhebt das Ministerium Vorwürfe in Richtung Antisemitismus und S*xismus und kritisiert, dass eine klare Distanzierung zu entsprechenden Themen ausbleibe.

Pädagogische Idee trifft auf Kritik

Der Offenbacher Stadtschülerrat hatte die Idee als didaktischen Ansatz formuliert: In Deutsch könnten Texte auf Dialektik und Sprachvariationen untersucht werden. In der Politik böten sich Diskurse über Ungerechtigkeit, Migration und Aufstiegschancen an. Dabei sollte das Material nicht unkritisch behandelt werden, sondern der reflektierten Auseinandersetzung dienen.

Parallel sorgt die Netflix-Dokumentation „Babo - Die Haftbefehl-Story“ für hohe Aufmerksamkeit und hat die Diskussion über Sucht, Verantwortung und gesellschaftliche Wirklichkeit spürbar verstärkt. Die Doku rangierte in mehreren Ländern an der Spitze der Charts und löste landesweit Reaktionen aus Kultur, Medien und Community aus.

Für Schulen bleibt die Frage, wie Popkultur im Unterricht genutzt werden kann, ohne den Bildungsauftrag zu unterlaufen. Denkbar sind Module zu Medienkompetenz, Sprache im Rap, Prävention und sozialer Realität mit klaren Leitplanken. Das Ministerium hat sich dennoch fest positioniert und lehnt Haftbefehl als Lehrplaninhalt ab. Der Diskurs über geeignete Lernmaterialien dürfte anhalten - zwischen pädagogischem Nutzen, gesellschaftlicher Relevanz und rechtlich-ethischen Rahmenbedingungen.

Hier seht ihr den Artikel vom Deutschlandfunk:

Via Deutschlandfunk
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