Beliebte Themen deutscher Rapper – Beispiele und Präzedenzfälle
Deutsche Rapper rappen nur über Geld, Autos, Frauen und Gewalt. So immer noch der Konsens unter etlichen Nicht-Raphörern und Verachtern unseres geliebten Genres. Wir wissen natürlich, dass das Quatsch ist – zumindest teilweise. Natürlich geht es auch um diese Dinge. Dann gilt es aber spezifisch zu werden und zu schauen: Wie genau werden diese Sachen thematisiert? Wir haben uns einmal einige der beliebtesten Themen deutscher Rapper herausgepickt und diese beispielhaft unter die Lupe genommen. Es besteht selbstverständlich kein Ganzheitsanspruch, denn der Deutschrap ist inzwischen ein fantastisch breitgefächertes Feld. Aber für einen ersten kleinen Überblick sollte es dennoch reichen.
Andere Rapper und die eigene Überlegenheit
Eines der beliebtesten Themen vieler Rapper: Andere Rapper. Klingt irgendwie komisch, ist aber nicht zu bestreiten. Denn natürlich muss man sich als waschechter Rapper mit der Konkurrenz vergleichen. Harmonie unter Rappern? Oftmals Fehlanzeige, denn im Rapbusiness sind Missgunst und Neid ganz normal. Schließlich wollen viele Deutschrapper an die Spitze der Charts und die meiste Kohle einheimsen. Abgesehen davon lebt ein bestimmtes Subgenre des deutschen Raps ja auch alleine vom lyrischen Demütigen des Gegenübers: Der Battlerap.
Kein Wunder also, wenn Rapper die eigene Überlegenheit immer wieder betonen müssen und die Konkurrenz klein machen. Dabei wird natürlich auf allerlei hartes Vokabular zurückgegriffen und auch ehemalige Freunde oder Label- und Musikpartner werden nicht verschont. So rappt Bushido beispielsweise auf dem Ende 2019 erschienenen Track „Renegade“ über Fler (Pseudonym: Frank White):
„Bundesweit bekannt als ein Mogul in diesem Rap-Geschäft
Fler dafür bekannt, dass ’ne Karotte in sei’m Rektum steckt„
Und an späterer Stelle heißt es:
„Wenn ich will, blamier‘ ich dich mit einem Endreim
Nicht Frank White, sondern Frank weint, yeah„
Wir müssen wohl nicht mehr Beispiele für derlei Disses und Punchlines gegen die Konkurrenz und eigene Lobeshymnen bringen. Ein, zwei neuere Deutschrapalben aus dem Mainstream durchhören und schon zeigt sich: Das Thema wird es im Deutschrap immer geben.
An Geld kommen
Glücksspiel und Wettgeschäft
Eines der beliebtesten Themen im Deutschrap ist tatsächlich das Geld. Warum auch nicht? Schließlich braucht es ja auch jeder, um täglich zu überleben. Und, um sich Luxus zu leisten, der wiederum in Musikvideos präsentiert werden kann. Aber wie kommen Rapper, außer durch die Musik, eigentlich an Geld?
Ganz einfach: Spielend. Nämlich mit Glücksspiel und Sportwetten. Zumindest einige Rapper reden immer wieder davon. Da interviewte Niko von Backspin etwa Ali Bumaye im Jahr 2016 und stellte ihm 50 Fragen zu dessen damals frisch erscheinendem Album „Rumble in the Jungle“. Gleich 4 dieser 50 Fragen drehten sich um Sportwetten. So fragte Niko: Ab welcher Quote wird gewettet?; Verkaufst du einen Wettschein?; Welcher Spieler hat Dir mal einen Tippschein versaut?; Der höchste Gewinn aus einer Sportwette?
Ali Bumayes Antworten darauf kann sich jeder selbst in besagtem Interview anschauen:
Und auch Summer Cem rappt in seinem Track „Auf der Jagd„: „Und heut‘ macht ihr auf Business, doch seid eigentlich nur Dorfdeppen; Denn was ihr verdient, machte ich mit 17 mit Sportwetten.“
Als Neuling oder komplett Unerfahrener im Sportwettgeschäft braucht man fast schon ein Lexikon mit den wichtigsten Begriffen, um bei manchen Aussagen in Interviews diverser Rapper durchzusteigen oder manche Texte zu verstehen. Und für Rapper Cashmo wiederum muss man eigentlich mindestens einmal in einer Automaten-Spielothek gewesen sein, um bei seinem Track „Spielo“ mitzukommen. Wer von der Spielmechanik keine Ahnung hat, wird hier wohl vor manch kryptischer Passage grübeln. So rappt Cashmo dort:
„Mein Konto gleich null
Doch wer weiß, vielleicht Köpfe und dann full
Doch guck mal da, der Typ neben an
… verprügeln entspannt
Nur zwanziger bei Freispiele, abfuck
Abdrücken, dann abrücken
Doch geht nicht, denn es dreht sich
Alles nur ums Zocken, vergeblich
Alles schon versucht
In meinem Leben dreht sich alles um mein Buch – Book of Ra„
Es zeigt sich: Manch ein Rapper verteufelt das Glücksspiel oder betont seine Hassliebe dazu – hier geht es meist ums Automatenspiel –, andere wieder stehen dahinten und promoten es sogar. Im letzteren Fall sind es meist Sportwetten, denen fast alle Rapper, die sich mit der Thematik beschäftigen, durchweg positiv gegenüberstehen. Rapper wie Farid Bang oder auch Hanybal werben sogar als Aushängeschild für manche Anbieter.
Zuhälterei
Neben Glücksspiel gibt es natürlich auch noch andere Methoden, wie deutsche Rapper zu ihrem Baren kommen. Auf extravagante Besonderheiten, wie die goldenen Smartphones, die Rapper Mois vertickt hat, wollen wir an dieser Stelle nicht näher eingehen. Wir haben uns stattdessen eine andere, unterschiedlich repräsentierte Methode rausgepickt: Die Zuhälterei.
Dabei denken die meisten – zurecht – an Kollegah. Der hat inzwischen ganze 4 „Zuhältertapes“ rausgebracht, bei denen die Thematik also sogar zum Titel gemacht wurde. Eine typische Hook (hier aus dem Intro des Zuhältertapes X-Mas Edition) lautet dann etwa:
„Ich bin kein Wu-Tang-Clan-Member und nicht Juelz Santana
Ich bin Deutschlands einziger Zuhälterrapper
Chill‘ mit Luxushotelbesitzern, Puff- und Bordellbesitzern
Wegen mir tanzen Hoes in Clubs rum mit Geld im Slipper„
Und für Schwesta Ewa wiederum, die nach eigenen Angaben bekanntermaßen selbst als Prostituierte aktiv war, steht das Rotlichtmilieu ebenfalls ein ganz zentrales Thema dar. Sie rappt zum Beispiel in ihrem Track „Escortflow“:
„Lip-Gloss ferrarirot tätowiert, Cabrio
FFM Straßenstrich, meine Nutten makellos
Fick Minaj, ihr Barbie-Flow, schick sie anschaffen
Doch der Gewinn reicht nicht mal für Handtaschen„
Ob als Teil des Images – wie vermutlich im Falle Kollegahs – oder als Reflexion der eigenen Geschichte, wie bei Ewa, auch die Zuhälterei und Prostitution war und ist ein Deutschrapthema. Und wird es vorerst wohl auch bleiben.
Geld ausgeben
Doch nicht nur die Geldbeschaffungsmaßnahmen, sondern auch die vielen Möglichkeiten, das hart verdiente Para, bzw. die Patte oder das Cash auszugeben, werden von Rappern natürlich vielfach und ausführlich thematisiert.
Spätestens seit Cloudrap und Trap in Deutschland die Charts dominieren, spielen teure Luxusmarken eine immer wichtigere Rolle. Ob Jacke, Umhängetasche oder Sneakers – je teurer und je bekannter der Designer, desto besser. Einen Ruf als „Fashion-Rapper“ hatte sich unter anderem Rin schnell erarbeitet. So nennt er in seinen Texten seine Lieblingsmarken und thematisiert sein Kaufverhalten:
„Ich kaufe eineinhalb tausend Euro Gosha Rubchinskiy (jaja)
Mit der Kohle von Shindy„
„Es ist zwölf Uhr, ich kauf mir Supreme (Supreme)
Palace Tee, Roadman auf den Streets
Gosha, Gosha Longsleeve, ich bin real.„
Ob Rin, Ufo361, Summer Cem, Nimo, Shirin David oder einer der vielen anderen Vertreter des Mainstream-Raps – fast alle rappen über ihr Luxusleben und die Dinge, die sie sich von ihrem Erfolg gönnen. Das gehört zu Rap einfach dazu und wird wohl auch stets dazugehören.
Kritik an Kapitalismus und Gesellschaft
Gut finden muss man das natürlich nicht, dass Deutschrapper/innen das Geld immer thematisieren und Luxus oft glorifizieren. Wer sich davon nicht, wie viele andere, unterhalten fühlt, kann sich auch auf Interpreten fokussieren, die wiederum den Kapitalismus (im Rap) und die Gesellschaft kritisieren. Auch werden andere Rapper sowie der Rapjournalismus hier nicht plump gedisst, sondern oft genauer betrachtet und kritisiert.
Oft finden sich die etwas kritischeren und komplexeren Texte im Underground-Bereich. Crews wie K.I.Z oder Rapper, wie Marteria und Kummer stellen wenige Ausnahmen dar und erreichen größeres Publikum. Etwa Retrogott dagegen verweigert sich gar dem stark kommerziellen Erfolg und bleibt in seiner Nische. Und rappt dort auf Beats von meistens Hulk Hodn Dinge, wie:
„Geld
Bringt dich zum Schwitzen
Ich würd es lieber abschaffen als es zu besitzen
Hunde
Eure Hunde sind überzüchtet
Der Mensch ist auf alles abrichten abgerichtet“
Oder auch:
„Geh auf einer Hip-Hop Party kurz raus
Fang ein Gespräch an – alle kennen sich aus
Alle sind echte Kenner die alles analysieren, totdiskutieren
Und sich gegenseitig fotografieren„.
Wem die kritischeren und tiefgründigeren Texte besser gefallen, der sollte sich neben Retrogott zum Beispiel auch einmal Amewu, Morlockk Dilemma, Hiob, Audio88 & Yassin, Megaloh, Chefket, Torky & Doz9 oder ähnliche Interpreten zu Gemüte führen.
Frauen und die Liebe
Sex und Geschlechter
Die wenigen (bekannten) Frauen im deutschen Rap haben Besseres zu tun, als über das andere Geschlecht zu rappen. Und wenn sie es doch tun, dann üben sie nicht selten eben Kritik an der Einseitigkeit des Frauenbildes vieler Rapper. Sookee etwa, die ihre Karriere offiziell beendet hat, versteht viele Texte sexistisch und chauvinistisch. So hieß es in ihren Tracks zum Beispiel:
„Ich pack dich am Rest deiner Männlichkeit
Und spiegel den Scheiß bis du endlich begreifst
Dass du kein recht hast hier zuzuschreiben
Und es fällt schwer jetzt ruhig zu bleiben„
Und woanders:
„Ich fühl mich machtlos – für euch bin ich nur drei Löcher
Ihr seid Männer ihr seid die höheren Geschöpfe
Los stellt den Track schon aus ich verschwende eure Zeit
Zeigt ein bisschen Disrespekt zeigt was für Männer ihr seid„.
Doch viele der Männer lassen sich davon eher weniger beirren. Für sie dreht sich alles um die Frauen und dabei meistens um unkomplizierten Sex und oft eben auch um die Überlegenheit des männlichen Geschlechts. So rappen sie weiterhin Dinge wie:
„Ich mach ’ne Diva zu ’ner Bitch
Kippe in der Fresse und die Sneaker auf dem Tisch
Ich hab‘ Air Max Bitches, Hermès Bitches
Perserin mit mehr Gold als Xerxes, Bitches!“ (Shindy)
Oder:
„Der Typ der Maybach fährt, fickt deine Crew
Und sag ich ‚Putzfrau‘ ist es ein Befehl und kein Beruf
Bleibe cool, reime gut, ich bin im Pool am vögeln
Ohne meinen Dick gäb‘ es weniger Hurensöhne„.
Die Liebe
Doch dann gibt es ja auch noch unter anderem Yung Hurn, der die Liebe zumindest in manchen Songs als romantisches Bild über das schnelle Vergnügen stellt und sich nur manchmal als prolliger Sexist gibt – und wenn er das tut, dann auf künstlerischere Weise, als viele Kollegen (siehe „Ponny“). Stattdessen wird bei ihm oft die unerfüllte Liebe in melancholischer Manier besungen. Auf „Gefühle an dich in einer Altbauwohnung, Pt.I“ heißt es so etwa:
„Babygirl, du weißt, dass ich
Immer noch zu dir will, ich, immer
Immer noch zu dir will, ich
Ich brauch‘ dich (Immer)
Fühl‘ dich (Immer)
Vermiss‘ dich (Immer noch zu dir will, ich)„.
Und selbst harte Rapper wie Bushido hauen hin und wieder einmal einen Liebessong raus, wo sie an anderer Stelle doch nur von den Bitches rappen. Man denke nur an den Klassiker „Schmetterling“ oder „Grenzenlos“ mit Feature von Julian Williams.
Sollte am Ende des Tages unter den harten Schalen also doch überall nur ein weicher Kern stecken? Wir werden es nicht wissen und weiterhin auch harten Gangsterrap zu hören bekommen. Und das ist ja auch in Ordnung, solange es auch kritischere Texte gibt und sich alles die Waage hält.